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Familiestellen
  Familienaufstellung  
 
(Text: Joyce M. Schmid, 9200 Gossau)
 
 


Es wird viel Gegensätzliches über Familienaufstellungen und Bert Hellinger (der Begründer der Familienaufstellungen) geschrieben, wobei das Spektrum von unabdingbarer Ergänzung zu jeder Therapie oder Lebensphase – bis hin zum gefährlichen Instrument, das nur Unheil anrichtet, reicht. Ich möchte hier aufzeigen was es ist und wie es wirkt.

 

Grundannahmen und Folgerungen für Familienaufstellungen
Die Kenntnisse von Bert Hellinger sind nichts Neues. Schon Freud, Jung und andere Väter der Psychiatrie haben über diese Verbindungen gesprochen, in denen alle Lebewesen mit allen Familienmitgliedern (tot oder lebend) verbunden sind. Freud nannte es „Massenpsyche“ und Jung spricht vom „Kollektiven Unbewussten“. In der Gestalttherapie wird mit „leeren Stühlen“ gesprochen und damit eine Wirkung erzielt.

 

Wir sind alle ein Teil eines Systems, ob es die Familie, eine Organisation oder das soziale Umfeld ist. Wir sind mit einer übergeordneten Seele verbunden die Zugang zu den Gedanken, Gefühlen und Emotionen von Anderen erlaubt (Bert Hellinger nennt das „Das Wissende Feld“). Jeder hat eine Seele und kennt sogenannte „Seelenverwandte“. Menschen können, ohne verbal zu kommunizieren, wahrnehmen was ein Anderer denkt oder fühlt z.B. beim Partner oder bei Zwillingen. Genau so sind auch Familienmitglieder in einem System verbunden und wer in einer Familienaufstellung an dessen Platz steht, hat Zugang zu diesem System.

 

Erfahrungsgemäss fühlt sich jeder wohl wenn er die Verantwortung für sich und sein Schicksal selber trägt, wenn jüngere den älteren untergeordnet sind und Ausgeschlossenen die Zugehörigkeit erlaubt wird. Dann ist jeder respektiert und eigenständig. Wenn Spannungen in einer Familienaufstellung ausgesprochen werden, kommen sie ans Licht und alte Belastungen können losgelassen werden.

 

Welche Familiensysteme gibt es?
Es wird zwischen zwei Familiensystemen unterschieden. Die Herkunftsfamilie ist die Familie in der wir aufgewachsen sind, d.h. Biologische- oder Adoptiveltern, Geschwistern, Großeltern, Urgroßeltern usw. Die Gegenwartsfamilie ist die Familie in der wir jetzt leben d.h. Ehe- oder Lebenspartner, frühere Partner, eigene, Adoptiv- und Stiefkinder, usw. In diese Familien gehören lebende und tote Familienmitglieder dazu, ob wir sie gekannt haben oder nicht, denn auf der seelischen Ebene besteht kein Unterschied. Diese Systeme können durch Aufstellungen sicht- und spürbar gemacht werden.

 

Was können Familienaufstellungen aufklären?
Wer eine brennende Frage oder Problem im Leben hat (Anliegen), kann mit einer Familienaufstellung Klarheit bekommen. Solche Anliegen können sein:

1.  Beziehungen zu anderen Personen (z.B. Eltern, Kinder, Chef u.s.w.)

2.  Tragen einer Last im Leben (z.B. Angst, Schuld)

3.  Jemand findet seinen Platz nicht (z.B. Außenseiter )

Diese Anliegen könnten sich zeigen als Beziehungslosigkeit, Schuldgefühle, erfolglos sein, nicht dazu zu gehören um nur einige zu nennen. Bert Hellinger nennt das „Verstrickungen“, was auch als unbewusste Loyalitätsverbindungen bezeichnet werden kann. Wir alle tragen mit von anderen Familienmitgliedern aus Liebe zur Familie. Wenn diese Verstrickungen ans Licht kommen, und die Zeit reif ist dafür, können sie losgelassen werden und wir können anfangen unser eigenes Leben zu leben.

Welche Ursachen für Loyalitätsverbindungen sind bekannt?

Um dazuzugehören sind wir bereit schweres Schicksal auf uns zu nehmen, weil Kinder den Eltern und dem System treu bleiben. Kinder fühlen sich mit früheren Familienmitglieder verbunden und übernehmen ähnliche Gefühle und Schicksale wie sie. Familienmitglieder mit schweren Schicksalen, die einen Einfluss auf unser Leben haben können, sind: Ausgestoßene, Frühverstorbene, frühere Partner, Opfer/Täter, Behinderte. Ereignisse von Bedeutung sind auch Aufenthalt in einer Psychiatrischen Klinik oder Gefängnis, Sucht, Todgeburt, Abtreibungen, weggegebenes Kind, aus der Heimat vertrieben, Eltern mit verschiedenen Nationalitäten, usw.

Wie läuft eine Familienaufstellung ab?
Aufstellungen können in Gruppen oder Einzeln gemacht werden. In Gruppen wird mit Stellvertretern gearbeitet. Einzel wird mit Tischfiguren oder Markierungen auf dem Boden gearbeitet.

Nachdem der Klient sein Anliegen ausgesprochen und die Stellvertreter für seine Familie ausgesucht hat, stellt er sie im Raum so auf, wie sie gemäss seinen inneren Bild, in Beziehung zu einander stehen. Danach wird er zum Zuschauer, wo er den Überblick hat und lässt das Geschehen auf sich wirken. Nachdem die Stellvertreter aufgestellt sind, kommen sie mit dem "Wissenden Feld" dieses Systems in Kontakt. Die Stellvertreter können körperliche Veränderungen und Empfindungen spüren (wie z.B. Kälte/Wärme, Zittern, Schmerz); Gefühle oder Emotionen (wie z.B. Wut, Angst, Unbehagen); nichts fühlen (auch ein Gefühl); Impulse spüren (z.B. ob sie weg wollen oder unbeteiligt sind oder wo es den Blick hinzieht). Alles verschwindet wieder sobald die Stellvertreter aus der Rolle entlassen sind.

Der Leiter erkundigt sich bei den Stellvertretern nach ihrem Empfinden, probiert verschiedene lösende Sätze und Plätze aus und schaut auf ihre Wirkung. Diese lösenden Sätze und Plätze beziehen sich auf die Ordnung im System, das Benennen von Fakten und die wertfreie Achtung der Familiendynamik. Mit geübten Stellvertretern kann eine Aufstellung auch ohne Worte ablaufen und die sogenannten "Bewegungen der Seele" werden von den Stellvertretern befolgt und der Leiter begleitet.

Das Beenden einer Familienaufstellung
Das erstrebenswerte Ende einer Familienaufstellung ist wenn sich jeder an seinem Platz wohl fühlt. Ist es angebracht eine Aufstellung abzubrechen, kann das ein wichtiger Anstoß für die Weiterentwicklung des Klienten sein. Ein solcher Abbruch kann angezeigt sein wenn Schlimmes klar wird und es wichtig wäre dieses Bild eine Zeitlang wirken zu lassen. Auch wenn Fakten zur Klärung fehlen, und die Aufstellung deshalb nicht weiter gehen kann, wird abgebrochen. Das innere Bild das wir bisher mit uns herumgetragen haben wird verändert und dadurch eine Veränderung unserer Ansichten und Gefühlen möglich.

Ersetzen Familienaufstellungen eine Therapie?
Eine Familienaufstellung ist eine Ergänzung zu diverse Arten vonTherapien um Klarheit über unsere Verstrickungen und dadurch mögliche Lösungen zu erhalten. Tiefe Schichten können in einer Familienaufstellung berührt werden und es könnte sein, dass danach Teilnehmer professionelle Unterstützung brauchen.